Von A zu M – Teil 1: Das Einfangen von Licht

Der Einstieg in die Fotografie könnte so leicht sein: Einfach nur abdrücken und fertig ist das Bild! Tja, und dann vergleicht man seine Fotos mit denen anderer und stellt dabei häufig fest, dass die eigenen Bilder nicht so gut sind wie die der anderen. Zu dunkel, zu hell, keine Detailzeichnung. Verrauscht, die Tiefen zu blass, der Himmel ausgebrannt. So ähnlich erging es mir vor 6 Jahren zumindest. Und an der Kamera, damals eine Nikon D5100, konnte es wohl nicht liegen.

Mehr Durchblick durch Grundlagen

Das Belichtungsdreieck: ISO, Blende, Verschlusszeit

Kennst Du das schöne Sprichwort: „Vor der Kunst kommt das Handwerk“? Es ist nämlich sehr hilfreich, das Handwerk und sein Werkzeug zu verstehen, um es dann besser einsetzen zu können. Um in der Praxis gute Fotos schießen zu können, gehört ein gewisses theoretisches Verständnis der Hauptfaktoren für Belichtung oder für das Einfangen von Licht einfach dazu.

Für die richtige Belichtung beim Fotografieren sind drei Faktoren zuständig.

  • Blende
  • Belichtungszeit/Verschlusszeit
  • ISO

Sind diese Werte gut aufeinander abgestimmt, machen Du und Deine Kamera ein korrekt belichtetes Foto. Veränderst Du einen dieser Faktoren, muss mindestens ein weiterer ebenfalls verändert werden. Ansonsten veränderst Du die Belichtung des Fotos und es kommt zu einer Über- oder Unterbelichtung. Aber das Großartige ist: Wenn Du verstanden hast, wie die Veränderungen an den einzelnen Faktoren sich auswirken, kannst Du bestimmte Bildresultate viel sicherer voraussehen. Und Du musst auch nicht mehr auf die Motivprogramme und/oder Automatikprogramme Deiner Kamera zurückgreifen.

Das Zusammenspiel dieser drei Faktoren zu verstehen, ist die Grundlage, um gezielter fotografieren zu können. Und darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Dein Einstieg in die Fotografie

Faktor 1: Blende auf, Blende zu

Die Blende ist eine variable Öffnung, eine mechanische Vorrichtung in Deinem Objektiv, die Du größer und kleiner machen kannst. Mit ihr kannst Du steuern, wie viel Licht in Deine Kamera gelangt. Im Prinzip kannst Du Dir das vorstellen wie die Iris im menschlichen Auge. Bei Helligkeit verengt sich die Iris der Pupille, um den Lichteinfall ins Auge zu reduzieren. Bei Dunkelheit wird die Pupille erweitert, sodass möglichst viel Licht ins Auge gelangen kann.

Die Größe der Blende wird in Blendenstufen, auch f-Stops genannt, angegeben. Beispielsweise f/1.8, f/ 2.8, f/4, f/8, f/16, f/ 20 und so weiter. Diese Blendenstufen haben mich am Anfang etwas verwirrt, denn je höher die Blendenzahl, desto kleiner ist die Blendenöffnung.

Aber das musst Du Dir einfach merken:

  • Kleine Blendenzahl, z.B. Blende f/2.8 = große Öffnung mit viel Licht! Offenblende
  • Große Blendenzahl, z.B. Blende f/16 = kleine Öffnung mit wenig Licht! Geschlossene Blende

Aber die Blende hat zudem noch wichtige optische Eigenschaften. Die Öffnung der Blende bestimmt nicht nur, wie viel Licht auf den Sensor trifft, sondern beeinflusst auch die Schärfentiefe Deines Fotos. Und damit kannst Du direkt anfangen, Deine Bilder bewusst zu gestalten.

Je weiter die Blende (kleine Zahl!) geöffnet ist, desto weniger Schärfentiefe erzielst Du, der Hintergrund verschwimmt, Dein Hauptmotiv hebt sich ab. Gerade im Bereich der Makro- und Porträtfotografie wird gern mit kleinen Blendenzahlen gearbeitet.

Je mehr die Blende (große Zahl!) geschlossen ist, desto mehr Schärfentiefe erreichst Du. Ab Blende f/8 erreichst Du deutlich mehr Struktur und bei noch stärkerer Abblendung erstreckt sich die Schärfentiefe über Dein ganzes Bild.

Beispielfoto für ein Foto das mit offener Blende geschossen wurde (Blende 4.5). Der Bildbereich der scharf gezeichnet ist, ist wesentlich kleiner.Beispielfoto für ein Foto das mit geschlossener Blende geschossen wurde (Blende f 11). Der Schärfebereich ist wesentlich größer.

Beispielbilder – Slider bewegen um den Unterschied genauer zu sehen: Krokus im Schnee. Bild 1 fotografiert mit Blende f 4.5 – das Foto hat nur einen kleinen Schärfebereich. Bild 2 fotografiert mit Blende f 11 – das Foto hat einen wesentlich größeren Schärfebereich. Quelle: Heimatfotos.de · Evi Seeger

Bei weit geöffneter und/oder stark geschlossener Blende können aber auch Abbildungsfehler auftreten. Bei kleinen Blendenwerten kommt es dann zur chromatischen Aberration (Farbfehler) und Aberrationsunschärfen, große Blendenwerte führen zur Beugungsunschärfe, Verzeichnungen. Bildbearbeitungsprogramme bieten hier sehr gute Lösungen zur Korrektur.

Beispielbild: Dieses Foto wurde mit „offener Blende“ fotografiert. Die Schärfentiefe ist sehr klein, die Schärfenebene liegt auf der Blüte. Es ergibt sich ein schönes Bokeh – so nennt man den verschwommenen Hintergrund. Quelle: Heimatfotos.de · Evi Seeger

Beispielbild: Dieses Foto wurde mit „geschlossener Blende“ fotografiert. Die Schärfentiefe ist sehr groß. Sowohl die Bäume im Vordergrund als auch die Berge im Hintergrund sind scharf. Quelle: Heimatfotos.de · Evi Seeger

Dein Einstieg in die Fotografie

Faktor 2: Vorhang auf – Die Belichtungs- und Verschlusszeit

Mal angenommen, Du hast ein Motiv, eine wunderbare Landschaft, darüber die strahlende Sonne. Die Kamera zeigt Dir folgende Aufnahmewerte an: f/8 und 1/250. Das bedeutet: Sobald Du den Auslöser Deiner Kamera betätigst, wird Deine Kamera in dieser Aufnahmesituation den Verschluss 1/250 Sekunden lang öffnen, um so lange das Licht auf den Sensor zu lassen und die Blende auf Öffnung f/8 schließen.

Die Blende steht also für die „Lichtöffnung“, durch die das Licht einfällt. Und die Belichtungszeit ist die Zeit, in der die Kamera ihren Verschluss geöffnet hat. Mit der Belichtungszeit steuerst Du, wie lange der Bildsensor dem Licht ausgesetzt wird.

Die Belichtungszeit wird in Stufen gemessen und in Sekunden bzw. in Bruchteilen einer Sekunde angegeben: 1/8, 1/15, 1/30, 1/60, 1/125, 1/250, 1/500 usw. Jede Stufe entspricht dabei ungefähr einer Verdopplung.

In der Regel bezeichnet man Belichtungszeiten kleiner als 1/60 Sek. als kurze Verschlusszeiten, z.B. 1/250 Sek., 1/1000 Sek. oder kürzer. Alles darüber, z.B. 1/30 Sek. bis hin zu 1 Sekunde oder mehreren Sekunden, gilt dann entsprechend als lange Verschlusszeit.

Beispielbilder: Einstellen der Verschlusszeit an einer Nikon Spiegelreflexkamera mittels Wählrad. Quelle: Heimatfotos.de · Evi Seeger

Foto-Basics: Verschlussarten

Üblich als Verschluss sind bei den Kameras der Schlitz- und der Zentral-Verschluss sowie der elektronische Verschluss. Bei einer Spiegelreflexkamera ist der Verschluss ein mechanischer Vorgang. Bei Auslösung klappt der Spiegel hoch und gibt den Strahlengang für das Licht frei. Sobald die Zeit von 1/250 Sekunden vorbei ist, klappt der Spiegel wieder nach unten und der Prozessor Deiner Kamera verarbeitet das Bild und überträgt es auf Deine Speicherkarte.

Für die Zukunft sind die Chancen, dass der mechanische Verschluss vom elektronischen Verschluss abgelöst wird, sehr hoch.

Wie wirkt die Belichtungszeit?

Mit ihr ergeben sich, richtig eingesetzt, einige großartige Gestaltungsmöglichkeiten in der Fotografie. Denn die Belichtungszeit regelt nicht nur die Menge des einfallenden Lichtes. Durch kurze Verschlusszeiten kannst Du schnelle Bewegungen scharf abbilden und einfrieren. Eine lange Belichtung führt dazu, dass bewegte Objekte „verwischen“. Schau Dir einfach mal Fotos von Wasserfällen an, wo das Wasser als eine Art Schleier in Erscheinung tritt oder denke an laufende Passanten, die ab einer gewissen Belichtungszeit geisterhaft verschwimmen. Dies sind klassische Beispiele und Deiner Kreativität und Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt.

Beispielbild: Dieses Foto wurde mit einer sehr kurzen Verschlusszeit fotografiert. Das Pferd ist in der Bewegung „eingefroren“. Auch die Wassertropfen scheinen in der Luft zu stehen. Quelle: Heimatfotos.de · Franziska Reichenbach-Busch

Beispielbild: Dieses Foto wurde mit einer eher langen Verschlusszeit fotografiert. Das sich bewegende Wasser „zerfließt“ und wird unscharf. Die sich nicht bewegenden Steine und Bäume bleiben scharf. Quelle: Heimatfotos.de · Evi Seeger

Dein Einstieg in die Fotografie

Faktor 3: Maßzahl der Lichtempfindlichkeit oder der ISO-Wert

Na, erinnerst Du Dich auch noch an die Zeiten, als man sich unterschiedliche Filme für die Kamera kaufen musste? Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich bei den analogen Kameras überlegen musste, welchen Film ich einlege – je nachdem, ob ich bei hellem Sonnenschein loszog, um Bilder zu machen, oder abends. Und heute musst Du nur noch am Rädchen drehen, um die Kamera auf unterschiedliche Lichtsituationen einzustellen, der digitalen Fotografie sei Dank.

Die ISO-Einstellung steht bei den digitalen Kameras für die Lichtempfindlichkeit des Bildsensors.

Bei vielen Kameras ist ISO 100 die niedrigste einstellbare ISO. Bei einigen Kameramodellen ist es ISO 50 und es geht mittlerweile bis ISO 102.000 hoch. Kleine Zahlen wie ISO 50 und ISO 100 sagen Dir, dass der Bildsensor in dieser ISO-Einstellung wenig lichtempfindlich ist. ISO 100 ist eine ideale Einstellung, wenn viel Umgebungslicht vorhanden ist.

Wenn Du den ISO-Wert verdoppelst, also von ISO 100 auf ISO 200 gehst, entspricht dies einer Verdopplung der Lichtempfindlichkeit des Sensors.

D.h. je höher Du die ISO-Zahl einstellst, desto lichtempfindlicher wird der Bildsensor Deiner Kamera.

Allerdings tritt bei höheren ISO-Werten zunehmend Bildrauschen auf. Bildsensoren sind Halbleiterdetektoren, die u.a. aus lichtempfindlichen Fotodioden, den Pixeln, bestehen. Und je größer diese Fläche der Fotodioden ist, desto lichtempfindlicher ist der Sensor. Somit wird das Bildrauschen durch die Größe Deines Kamerasensor beeinflusst, denn vereinfacht gesagt, ist die Größe des Sensors mitentscheidend dafür, wie viel Licht dieser einsammeln kann.

Eine Frau stellt den ISO-Wert an einer Nikon Spiegelreflexkamera über das Display auf ISO 200

Beispielbilder: Einstellen des ISO-Werts an einer Nikon Spiegelreflexkamera. Quelle: Heimatfotos.de · Evi Seeger

Welche Sensorgrößen gibt es?

Bei den Spiegelreflex- und Systemkameras unterscheidet man drei Sensorgrößen (von klein nach groß):

  • Micro Four Thirds
  • APS-C
  • Vollformat (auch Kleinbild genannt)
  • Mittelformat (nicht genormt, hier gibt es verschiedenste Größen)

Diese Grafik verdeutlicht sehr eindrücklich die Größenunterschiede der unterschiedlichen Kamerasensoren:

Das Bildrauschen siehst Du am deutlichsten in den dunklen Bildbereichen. Wenn der Bildsensor zu wenig Licht empfangen kann, entstehen Störungen in der Signalverarbeitung, die Du als falschfarbige Pixel im Bild siehst. Zudem nimmt die Schärfe des Bildes ab und Bildstrukturen werden gröber. Ein niedriger ISO-Wert ist also für die Bildqualität immer besser.

Natürlich kann hier nicht jeder Aspekt der unterschiedlichen Sensorgrößen und Bildrauschen vollumfänglich abgehandelt werden. Es soll hier lediglich verdeutlichen, dass Du bei einer Kamera mit kleinem Sensor bereits ab ISO 400 deutliches Bildrauschen siehst, während Du bei einer Kamera mit einem größeren Sensor bei ISO 1600 und höher noch sehr gute bis gute Bildergebnisse erreichst.

ISO-Vergleich. Crops aus 4 Aufnahmen. Die Aufnahmen wurden mit einer Fujifilm X-T3 unter gleichen Lichtbedingungen fotografiert. Auch in hohen ISO-Bereichen ist die Bildqualität noch sehr gut, es ist dennoch ein gewisses Rauschen und eine Abnahme der Details zu beobachten. Quelle: Heimatlichter.com · Benjamin Kuderer

ISO-Vergleich. Die Aufnahmen wurden mit einer Fujifilm X-T3 unter gleichen Lichtbedingungen fotografiert. Durch einen Klick auf das jeweilige Foto öffnet sich die hochauflösende Datei. Quelle: Heimatlichter.com · Benjamin Kuderer

Mein Expertinnen-Tipp für Dich!

Super, Du hast bis hier mitgelesen, dafür gibt es jetzt noch einen kleinen Tipp. Was mir sehr geholfen hat, als ich angefangen habe, die drei Hauptfaktoren Blende, Belichtungszeit und ISO zu verinnerlichen, ist diese Cheatcard von den Machern des Online-Stadtführers Hamburger-Fotospots.de.

Du kannst die Cheatcard auf der Downloadseite im Blog von Hamburger-Fotospots.de gratis herunterladen und Dir ausdrucken. Für mich war diese Cheatcard ein treuer Begleiter in den Anfangszeiten, auf den ich immer wieder mal geschaut habe beim Fotografieren.

Dein Einstieg in die Fotografie – los geht’s!

Mach Dir einfach jetzt zum Abschluss noch mal klar, was Fotografie eigentlich ist: Das Einfangen von Licht. Und gutes Licht hängt in der Natur von vielen Punkten ab: Von der Tages- und Jahreszeit, vom Wetter, vom Motiv, vom Ort. Und es ist immer wieder der Zauber des Lichts, der uns dazu bewegt, diesen einzufangen.

Nichts ist heutzutage einfacher als mit einer digitalen Kamera viele Fotos zu machen, die Speicherkarte hat viel Platz. Schaue Dir die Aufnahmen und die Einstellungen dazu später in Ruhe am Rechner an. Vor allem auch die schlechten, um davon zu lernen. Einfach immer wieder ein wenig Technik dazulernen und mit Freude bei der Sache sein.

Im nächsten Beitrag unserer Einsteiger-Serie Von A zu M zeigen wir Dir, dass das Fotografieren im manuellen Modus auch nicht so schwer ist, wie viele Anfänger:innen meinen!

Hast Du noch Fragen zur richtigen Belichtung? Wünschst Du Dir noch weitere Artikel in dieser Einsteigerreihe? Welche Themen interessieren Dich insbesondere? Ich freue mich auf Deine Kommentare dazu!

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